Gertrud Grunow: Leben, Lehre, Forschung


Gertrud Grunow (1870–1944) war eine ausgebildete Musikpädagogin, die zwischen Herbst 1919 und Frühjahr 1924 am Weimarer Bauhaus unterrichtete. Bis 1922 zunächst als freiberufliche und außerordentliche Lehrkraft angestellt und 1923 zum ›Formmeister‹ benannt, gestaltete sie mit ihrem ›Harmonisierungsunterricht‹ maßgeblich das Programm der Vorlehre am Bauhaus mit. Zu diesem Zeitpunkt hatte Grunow bereits über zwanzig Jahre Berufserfahrung als Musiklehrerin.

Die Vorlehre absolvierten alle Schülerinnen und Schüler, bevor sie in die spezialisierten Werkstätten eintraten. Grunows Unterricht diente der Vorbereitung und Unterstützung der kreativen Tätigkeit. Im Vordergrund stand das Ziel, Körper und Seele in Einklang zu bringen. Dabei arbeitete Grunow eng mit dem Bauhaus-Meister Johannes Itten zusammen, der als Lehrerpersönlichkeit das Bild vom frühen Bauhaus in der Geschichtsschreibung in besonderem Maße prägt. Grunow hingegen ist heute kaum bekannt. Dabei war sie am Weimarer Bauhaus sehr präsent und zog sich auch nach ihrem Ausscheiden aus der Schule im Frühjahr 1924 keineswegs aus Praxis und Theorie zurück: Sie arbeitete fortan nicht nur weiterhin als freie Lehrerin in Berlin und Hamburg, sondern wirkte darüber hinaus am Psychologischen Institut der Universität Hamburg. Dort kooperierte sie mit renommierten Wissenschaftlern wie Dr. Heinz Werner im Bereich der entwicklungs- und wahrnehmungspsychologischen Forschung.

Porträt von Gertrud Grunow, 1936,
© Emma Bouché (Photographin), Nachlass Erich Parnitzke.

Auch wenn Grunow im Rahmen der Bauhaus-Geschichte bisher wenig bekannt ist, hat ihre Lehre vielfältige Anwendungen und Rezeptionen erfahren: Neben der klassischen Weiterführung und Weitergabe der u.a. an bildende Künstlerinnen und Künstler, Sängerinnen und Sänger sowie Tänzerinnen und Tänzer gerichteten Lehre durch ihre Assistentin Hildegard Heitmeyer, fand sie weiterhin Einsatz in der esoterischen Naturheilmedizin Gerhard Schunkes. In Kunst und Gestaltung hat ihre Lehre auf Musik, Malerei, Zeichnung, Webkunst, Theater und graphische Gestaltung gewirkt.

Einige wenige Personen haben sich bislang mit Grunow und ihrer Lehre beschäftigt. Auch wenn sie in breit ausgerichteten Bauhaus-Publikationen der vergangenen Jahre mittlerweile Erwähnung findet, fehlen ausführliche, wissenschaftlich-kritische Auseinandersetzungen mit ihrer Person und ihrem Unterricht. Nicht zuletzt ist dies einem Mangel an gesicherten Quellen geschuldet. Auf dieser Webseite werden grundlegende Informationen zu Grunows Leben und Werk als Lehrerin und Forscherin bereitgestellt.

 

Weiterführende Informationen sowie Auseinandersetzungen mit der Verortung Grunows  in einem breiteren kulturhistorischen Kontext können Sie der kostenlosen Open-Access Publikation* entnehmen: Gertrud Grunow (1870-1944). Leben, Werk und Wirken am Bauhaus und darüber hinaus 

 

Linn Burchert, Nov. 2018